Kette rechts! GP Vorarlberg Nenzing
Nenzing ist seit Jahren ein sehr guter Boden für den heimischen Radsport, vor allem auch was das Publikumsinteresse betrifft. Heuer war am Feiertag endlich wieder einmal trockenes Wetter zu begrüßen, daher hatte sich eine erfreulich (sehr) große Zahl an Zuschauern entlang der Strecke und vor allem im Start-Zielgelände eingefunden.
Deutlich mehr als tausend Besucher werdens gewesen sein, die auf dem großen TV-Bildschirm das packende Finale verfolgen konnten- erstmals überhaupt bei einem derartigen Rennen, unterlegt mit fachkundigen Kommentaren. Als dann Gian Friesecke im Vorarlberg-Trikot die letzten zwei, drei Kilometer im Alleingang dem Ziel entgegenfuhr, kannte der Jubel im Ländle keine Grenzen mehr. Alpentour-TV bitte vor den Vorhang, die umtriebigen Vorarlberger haben sich für weitere, sprich höhere Aufgaben im Radsport empfohlen!
Statt als Fixstarter des Giro nur Zaungast in Nenzing: Lokalmatador Matthias Brändle trug seine Schulterverletzung mit Fassung und zollte seinen Radrennkollegen in Nenzing in einer fairen Weise Respekt, die ihm auch weitere Sympathien eingebringen wird. Brändle, der ehemalige Stundenweltrekordler, hatte sich im Vorfeld der Tour de Romandie einen Schlüsselbeinbruch zugezogen und war – mit Edelstahlplatte in der Schulter – vielbeachteter Besucher des Bundesligarennens. „Ich kann schon wieder trainieren, ich hoffe bei der Dauphine Libere auf ein Comeback im Trek-Team“, so Brändle, der auch als Kommentator bei der örtlichen TV-Übertragung sein Fachwissen einbringen konnte.
Ein waschechter österreichischer Radweltmeister war in Nenzing am Start: Daniel Federspiel, 31jähriger mehrfacher WM-Gold-Gewinner im MTB-Bewerb Eliminator aus Imst/Tirol, konnte diesmal auf eindrucksvolle Weise auch seine Qualitäten als Straßenfahrer unter Beweis stellen. Im Sprint des Hauptfeldes erreichte er in vorderster Front den elften(!) Gesamtrang in einem Rennen, bei dem von 135 Startern gerade einmal ein Drittel überhaupt in die Wertung kam. Der Tiroler, der auf der Straße bei Union Raiffeisen Radteam gemeldet ist, hegt für die Zukunft ehrgeizige Pläne: er möchte 2020 an den Olympischen Sommerspielen (in Tokio) teilnehmen. „Wohl aber im Cross Country, weil Eliminator ja keine olympische Disziplin ist,“ so Federspiel, der im heimischen Rennsport als „Fahrer des Jahres 2016“ bereits eine berechtigte Wertschätzung seines Könnens erfahren durfte.
Mit einer großen irischen Fahne waren einige vorarlberger Radsportfans zur Fahrerpräsentation nach Nenzing gekommen. Im schweizerischen Speeder Cycling Team war nämlich ein junger irischer Rennfahrer am Start: Adam Stenson aus Dublin hat die grün-weiß-orange Fahne wohl Glück gebracht: er schaffte es, im Hauptfeld ins Ziel zu kommen und durfte sich nach dem Rennen von den irischen Fans im Ländle fast wie ein Sieger feiern zu lassen. Jetzt möchte er seinen sportlichen Traum verwirklichen: Radprofi zu werden wie sein Vorbild Sean Kelly.
Der 1. Mai und das Radrennen in Nenzing sind seit nunmehr acht Jahren eine fixe Größe. Heuer wurde eine gut dreißig Meter hohe Fichte am Vortag des Rennens als Maibaum vor der Schule aufgestellt und am Vorabend des Rad-Grand Prix bis gegen vier Uhr früh von der örtlichen jungen Bevölkerung „bewacht“. Auch die Neue Mittelschule Nenzing als Quartiergeber für das Rennbüro konnte wie in den abgelaufenen Jahren wieder mit innovativen Aktivitäten aufwarten: als Fixstarter beim RoboCup und Sieger der Austrian Open werden die Schüler aus Nenzing im Sommer an der WM in Montreal teilnehmen – fünf Mal haben die Mädchen und Burschen aus Vorarlberg schon solche großen Wettbewerbe gewonnen.