Kette rechts: ÖSTM-Straße - Wien/Kahlenberg
Unter den erfreulich vielen Zuschauern entlang der Höhenstraße war auch Patrick Konrad, der BORA-Star hat nach einer längeren Pause gerade mit dem Aufbautraining für die zweite Saisonhälfte begonnen, wo er vor der WM u.a. die Polenrundfahrt und Deutschlandtour sowie mehrere Eintagesrennen bestreiten wird.
Der Mödlinger hat seinen privaten Lebensmittelpunkt mittlerweile übrigens nach Eisenstadt verlegt. Auch Zeitfahrspezialist Matthias Brändle wurde am Streckenrand gesichtet.
Sehr unterschiedlich waren die Sichtweisen der Rennfahrer bezüglich der vielen Kilometer auf der Pflastersteinstraße: Von „viel zu schwer, wer hat sich das ausgedacht“ (Martina Ritter), über „es gibt schlimmere Rennen“ (Andreas Hofer) zu „gegenüber Paris-Roubaix ists eine Autobahn“ (Michael Gogl). Tatsächlich sind die meisten Fahrer mit den Anforderungen gut zurechtgekommen, Tüfteleien bezüglich des Materials sind ausgeblieben: Die meisten verwendeten die bewährten 25 bis 27 mm breiten Reifen, bloß mit etwas reduziertem Reifendruck. Und für einen Hauch von Komfort haben etwas dickere Lenkerbänder genügen müssen.
Ein Radrennen, das zwei Bundesländer berührt: das bedeutet viel Bürokratie im Vorfeld. Tatsächlich sind alle Auflagen zufriedenstellend erfüllt worden, zwanzig Mann motorisierte Polizei- aus Wien und NÖ- sowie fast 40 Streckenposten sorgten dafür, dass unliebsame Zwischenfälle ausgeblieben sind. Auch die Wiener Verkehrsbetriebe mussten die Intervalle ihrer beliebten Höhenstraßen-Buslinie einige Stunden lang unregelmäßig führen.
Schon wieder nur den undankbaren vierten Platz hat Riccardo Zoidl belegt, wie schon vor einem Jahr bei der Meisterschaft in Grein. Der Oberösterreicher befindet sich aber unzweifelhaft in Hochform, allein auf der letzten Runde konnte er einen Rückstand von rund zwei Minuten (!) zufahren; nach seinem Kraftakt war die Bronzemedaille dann aber doch knapp nicht mehr in Reichweite. Dennoch: Hut ab vor der Felbermayer-Mannschaft, die alle sieben Fahrer in die Wertung brachte.
Ein Rennfahrer, der die Höhenstraße besonders intensiv erlebt haben dürfte, war Max Kuen. Der 26jährige Kufsteiner (MyBike Stevens) war gleich zu Beginn in einer kleinen Gruppe mit Pöstlberger vorneweg, machte sich dann in der dritten Runde solo auf den Weg und lag zwischenzeitlich mehrere Minuten in Führung. Der „Hammer“ traf ihn gegen Ende des Rennens mit voller Wucht, immerhin aber hat die Rennleitung geduldig gewartet und den tapferen Tiroler als Letztplatzierten in der Wertung belassen.
Im Lager der Radsportler war man sich einig: es darf nicht erneut 37 Jahre (!) dauern, bis der Wiener Landesverband wieder eine Staatsmeisterschaft durchführt. Zuletzt, 1981, wurde auf einem Rundkurs mit Ziel auf der Sophienalpe gefahren, mit einem ähnlichen Schlussanstieg wie heuer. 1981 gabs einen steirischen Doppelsieg: Hans Lienhart vor Harald Maier. Heuer waren zwei Oberösterreicher die Stärksten.
Beim Höhenstraßenrennen gabs auch ein Wiedersehen mit vielen altgedienten Rennfahrern und Funktionären früherer Jahre. So ist etwa Kurt Schneider mit bald 86 Jahren immer noch guter Dinge und ließ sich von Ex-Tourdirektor Rolf Slavik „am Schmäh“ halten. Der aktuelle Rundfahrtdirektor Franz Steinberger hatte die druckfrische Broschüre der 70. ÖTour mitgebracht, die recht bald vergriffen war. Sehr Willkommen im Ziel war auch die Präsenz des Döblinger Bezirksvorsteher-Stellv. Daniel Resch: Er hatte für die Damen und Herren auf dem Podium kleine finanzielle Aufmerksamkeiten mitgebracht.
Überschwängliche Emotionen wurden beim jubelnden Lukas Pöstlberger auf den letzten Metern seiner Fahrt zum Sieg frei. Gleich nach der Ziellinie folgte mitten auf der Straße die innige, nicht enden wollende Umarmung seiner Ehefrau Veronika – verbunden mit einem veritablen Verkehrsstau bei nachkommenden Begleitfahrzeugen und Rennfahrern. „Es war so ein unglaublicher Tag heute“, so der Staatsmeister, „damals, 2012, wie ich als ganz Junger den Titel zum ersten Mal geholt hab, hab ich das gar nicht so realisieren können.“ (Anm: 2012 war er mit 20 Jahren der jüngste Straßenmeister bisher überhaupt, damals im Dress von Gourmetfein Wels).
Zu den unbedankten Opfern des Rennens zählte Stefan Denifl. Der Tiroler wurde Opfer einer neuen Technologie des Schaltwerkes am Rennrad. Ein Defekt gleich zu Beginn und ein weiterer auf der letzten Runde ließen den Vorjahrssieger der Ö-Tour resigniert vom Rad steigen.