Tchibo Top.Rad.Liga Espresso - Croatia-Slovenia
Er ist weltweit nun der jüngste unter rund 250 UCI-Kommissaren: Christopher Enzi hat mit 29 Jahren die höchste im Radsport mögliche Lizenz als Rennleiter erworben. Rund 500 Seiten stark war das Skriptum, das er für die Prüfung büffeln musste, mit allen denkbaren möglichen und unmöglichen Bestimmungen. Der Kärntner wurde zum Auftakt seiner neuen Karriere als dritter Rennleiter bei Croatia-Slovenia eingeteilt und hatte nach eigenen Aussagen manchmal „schon ein bissel Stress“.
Erfreulich war die Vorstellung der österreichischen Rennfahrer beim „Prolog“ in Novo mesto: das Gourmetfein Simplon-Team aus Wels konnte das prestigeträchtige und schwierige Kriterium am Vorabend des UCI-Rennens „Croatia-Slovenia“ fast nach Belieben dominieren und stellte mit Patrick Konrad und Daniel Biedermann den Sieger und den Drittplatzierten. Konrad war erst vier Tage zuvor von seinem USA-Trip zurückgekehrt und sprach von „sehr positiven und starken Erfahrungen“ beim NetApp-Team. Sein Erfolg ist umso höher einzuschätzen, als dieses 45-Runden-Kriterium (50 km) einen ordentlichen Anstieg aufweist (die meisten Fahrer hatten sogar 25er Ritzel aufgezogen!) und zumeist von wahren Heerscharen von slowenischen Rennfahrern beherrscht –und meist auch gewonnen wird. Konrad sicherte sich gleich sechs von neun Wertungen und stand vorzeitig als Sieger fest. Gourmetfein war mit sechs Fahrern vertreten, auch Gebrüder Weiss-Oberndorfer schickte fünf Mann, angeführt von Jakub Kratochvila ins Rennen. Nachdem auch das Team Tirol durch Dominik Hrinkow und Josef Benetseder am Start war, „haben so viele Österreicher wie noch nie an diesem Kriterium teil genommen“, bilanzierte ÖRV-Generalsekretär Rudolf Massak zufrieden. Ergebnis „Kolesarska dirka Okoli Grma 2014“: 1.Patrick Konrad, 30 Punkte., 2. Tomas Buchacek, Cze, (Bauknecht-Author), 20 Punkte, 3. Daniel Biedermann, 9 P.
Mit nur zwei Fahrern war das Tirol Cycling Team am Samstagabend beim Kriterium vertreten – Mit Benetseder und Dominik Hrinkow. Der Rest der Mannschaft wurde ein Opfer des Megastaus auf den slowenischen Autobahnen, wo Richtung Süden stundenlang nichts mehr ging. Erst am späteren Abend traf der Rest der Truppe – leicht geschlaucht- im Quartier ein.
In Novo mesto absolvierte auch Josef Benetseder seine ersten Rennkilometer nach über hundert Tagen Verletzungspause. An seinen schweren Sturz in Polen am 10.Mai erinnern noch drei Schrauben in der linken Schulter, und „das damals gebrochene Becken schmerzt bei längeren Ausfahrten noch.“ Doch will sich der Oberösterreicher nicht unterkriegen lassen: neben dem Finale der Tchibo Top.Rad.Liga am Gaisberg hat er im November noch ein großes Ziel: er will an einem MTB-Einladungsrennen in Brasilien teilnehmen. In Novo mesto jedenfalls rollte er die 178 km im Hauptfeld schon einmal problemlos mit.
Der Pechvogel des Rennen war zweifellos Stephan Rabitsch: der Steirer war von Beginn an in der Spitzengruppe vorne dabei, in der vorletzten der vier Schlussrunden hatte er aber massiven Schaltungsdefekt, nichts ging mehr. Sein Amplatz-Betreuerwagen wachte weit hinten im Feld auf den Tchibo-Gelben Jan Tratnik, Rabitsch bekam von seinem ehemaligen Betreuer Andi Grossek zwar sofort eine Gourmetfein-Ersatzmaschine, allein die Pedalbindung passte nicht: Rabitsch musste auch noch die Schuhe wechseln, ein möglicher Podestplatz war dahin. Rang vier war für den maßlos enttäuschten Rabitsch nur ein sehr schwacher Trost.
Das Ambiente beim Start zu „Croatia-Slovenia“ in Zagreb ist wahrlich schwer zu überbieten. Die Rennfahrer versammeln sich auf einem blumengeschmückten parkähnlichen Platz mitten im Zentrum, auf der einen Seite das große Staatstheater, gegenüber das alte Kunstmuseum, beides k.u.k. Prachtbauten aus dem späten 19. Jahrhundert. Fast könnte man glauben in Wien zu sein, doch halt: am Buffet werden Cevapcici und Schinken vom Karst mit Weißbrot serviert, dazu darfs zu vormittäglicher Stunde auch schon ein Schluck Sliwowitz sein, selbst gebrannt und stolz serviert von den emsigen kroatischen Radsportfunktionären.