Bonjour Le Tour: Das Frankreich-Tagebuch von Felix Großschartner - Teil 4 - Auch Helfer müssen Körner sparen
Ein Ausreißer, nur kleine Bergprüfungen und ein hektischer Sprint sind die Kurzzusammenfassung der 3. Etappe der 107. Tour de France. Aber auch an den eher ruhigeren Tagen muss die Helferriege arbeiten, so auch bei Bora - hansgrohe. Der Franzose Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick Step) verteidigte sein Gelbes Trikot vor der ersten Bergankunft und der Tagessieg ging an die australische Sprintkanone Caleb Ewan (Lotto - Soudal).
Wie eine solche Etappe aus der Sicht eines Helfers aussieht, beschreibt Felix Großschartner. Der Oberösterreicher steht 2020 erstmals am Start der Frankreich-Rundfahrt und das Ziel seiner Mannschaft ist ein Topergebnis im Gesamtklassement. Da heißt es hart arbeiten jeden Tag für den jungen Österreicher. Und diese Eindrücke schildert er in seinem Tagebuch:
Hi!
Drei Tage sind jetzt bei der Tour schon vergangen und ich möchte Euch heute einen kleinen Einblick in unsere Arbeitswelt geben. Wie ich schon beschrieben habe, sind Emanuel Buchmann und Peter Sagan unsere Kapitäne hier in Frankreich. Mit Emu haben wir das Ziel, in Paris am Podium zu stehen. Dafür benötigt er die volle Unterstützung im Team und so ist unsere Aufgabe ihn aus dem Wind zu nehmen, ihn auf der Etappe zu versorgen, falls er zurückfällt wieder ans Feld oder die Rennspitze heranführen oder Nachführen, wenn ein gefährlicher Fahrer attackiert.
Da wir gestern eine flachere Etappe hatten und unser Sprinter Peter Sagan nicht zu den absoluten Topfavoriten im Finale gehörte, mussten wir wenig Arbeit im Feld verrichten. Das ist gut, weil man in drei Wochen Tour nicht jeden Tag von jedem Fahrer seine Bestleistung verlangen kann. Lukas Pöstlberger war beispielsweise viel im Wind am ersten Tag und am zweiten Tag in der Ausreißergruppe. Da brauchst du mal einen Tag Pause.
Derzeit sind wir zu viert, die die Arbeit im Wind erledigen und die Kapitäne schützen mit Pösti, Gregor Mühlberger, Daniel Oss und mir. Die anderen halten sich noch zurück, schauen dass sie Kraft sparen. Das ist extrem wichtig, wenn du einem Fahrer im Klassement in die Top drei verhelfen willst. Denn da heißt es für uns immer jegliche Körner aufsparen, wenn die Arbeit erledigt ist. Denn wenn der Tag kommt, an dem mehr Hilfe benötigt wird, dann müssen wir das abrufen können.
Dann gibt es noch die Arbeit, Flaschen oder Regenbekleidung vom Auto zu holen. Da gibt es bei uns keine fixe Regelung. Meistens verbindet man es mit einer kurzen Pause, wenn man sich erleichtert. Oder wir fragen einfach spontan ob jemand was braucht. Es kann auch sein, dass sich der Kapitän mal selbst seine Flaschen holt, wenn er zuvor einen Pinkelstopp absolviert hat.
Nun wartet am Dienstag die erste Bergankunft. In den letzten Anstieg rein müssen wir unseren Kapitän Emu gut reinbringen. Danach ist eigentlich die Arbeit getan. Wenn man sich gut fühlt, dann kann man lange mit dabei sein mit der Spitzengruppe. Dadurch verdient man sich auch im Feld immer einen großen Respekt. Wenn die Beine aber nicht so drehen, dann kannst du deinen Kapitän nur reinbringen, ausscheren und gemütlich mit 250 Watt ins Ziel hochfahren.
Bis bald!
Euer Felix!