Der große Sprung einer Spätberufenen aus Mitterberg-St. Martin
Im Februar 2022 feierte die Steirerin Carina Schrempf ihren zehnten Staatsmeistertitel in der Leichtathletik. Ein Jahr später beginnt für sie nun ein völlig neues Kapitel. Denn seit dem 1. Januar 2023 ist sie für den belgischen Rennstall Fenix – Deceuninck in die Pedale treten und gehört damit zu den ersten beiden Österreicherinnen, die in einem Women’s WorldTour Team aktiv sind.
„Noch bin ich entspannt, obwohl ein weiteres unrealistisches Kapitel meiner Karriere auf mich wartet. Eines, dessen Ausmaß ich mir wohl erst in den nächsten Wochen so richtig bewusst werde“, erklärte die 28-Jährige, die sich im letzten Jahr dem Radsport verschrieben hat und mit starken Auftritten in ihrer ersten vollen Saison gleich für die höchste Ebene des Frauenradsports empfohlen hat.
Verletzungen an der Achillessehne plagten ihre Leichtathletikkarriere, sie entdeckte das Rad als alternatives Ausdauertraining. „Speziell in den Verletzungspausen hat es mich immer mal gejuckt, auch Rennen zu bestreiten“, erinnerte sie sich. Mit einigen Mountainbikerennen legte sie dann den Grundstein, schon bald folgten auch Straßenrennen.
„Erst im August 2021 habe ich die Lizenz beim ÖRV gelöst, bin dann eigentlich alles gefahren was so gegangen ist“, erzählte sie weiter. 2022 startete sie dann in ihre erste volle Saison, beim Team Cookina Graz in der Steiermark. Mit starken Leistungen empfahl sie sich für die Teilnahme an der Rundfahrt Gracia – Orlova mit dem Nationalteam. Gleich im ersten Auftritt im rot-weiß-rotem Trikot klappte es mit dem Gewinn der Bergwertung und der Auszeichnung zur aktivsten Fahrerin, die Gesamtwertung schloss sie als Achte ab.
Auch bei den beiden Visegrad-Eintagesrennen in Ungarn und der Slowakei landete sie in den Top Ten und empfahl sich für die Europameisterschaften in München. „Das war schon sehr emotional, weil ja bei diesen Titelkämpfen mehrere Sportarten in München zu Gast waren, vor allem auch die Leichtathleten“, schilderte die Steirerin, die ja nicht nur jahrelang selbst ein Dauerbrenner auf der Mittelstrecke war, sondern auch als Nachwuchskoordinatorin des Steirischen Landesverbandes tätig war.
Bis zur Zielgerade beim Straßenrennen in München versuchte sie ihre Teamkollegin Christina Schweinberger so gut wie möglich zu unterstützen, die schlussendlich Zehnte wurde. „Leichtathletik ist ein Einzelsport und du hast die Zeit, mit der du deine Leistung voll einschätzen kannst. Dort bekommst du aber auch immer beinhart das Ergebnis deiner Arbeit in Zehntel- oder Hundertstelsekunden präsentiert. Der Radsport hat da eine ganz eigene Denkweise durch die Zusammenarbeit als Team“, verglich Schrempf ihre beiden Sportarten und die völlig neue Rolle als Helferin, die sie nun einnehmen wird, aber auch schon in der vergangenen Saison teilweise gezeigt hat.
Gegen Saisonende gewann sie in Königswiesen ihr erstes ÖRV-Radliga-Rennen, startete wenig später bei den Straßen-Weltmeisterschaften in Australien und wurde dort inmitten der Weltelite 33ste. Ein Ergebnis, dass die belgische Mannschaft Fenix – Deceuninck auf sie aufmerksam werden ließ: „Sie haben mich kontaktiert, meine Leistungsdaten eingeholt und mir dann einen Vertrag angeboten, was mich sehr überraschte und anfangs vielleicht ein wenig überfordert hat.“
Nach zehn Jahren in der Leichtathletik und einem Jahr im Radsport klappte es nun mit der Profikarriere für die Athletin aus Mitterberg-St. Martin. „Ich hatte ja geplant, mich mehr auf den Radsport zu konzentrieren. Vorgesehen waren war nationale Rennen und jetzt geht der Sprung direkt in die WorldTour“, grinste die Steirerin und fügte an: „Auch wenn der Kalender im nächsten Jahr ganz anders aussehen wird als heuer, hoffe ich sehr, dass ich nach wie vor noch oft mit meinen Ennstaler Rad-Mädls und -Buam unterwegs sein kann. Die gemeinsamen Ausfahrten mit ihnen haben viel dazu beigetragen, dass mein Jahr 2022 so gut verlaufen ist. Besonders dankbar bin ich all jenen, die mich darin bestärkt haben, diesen Weg einzuschlagen!“