Ein typischer Ruhetag bei der Tour de France
In La Rochelle an der Atlantikküste fand der erste Ruhetag der 107. Tour de France statt. Nach den ersten anstrengenden neun Etappen war Erholung und Ausruhen angesagt für die fünf Österreicher, die 2020 im Tourpeloton ihre Arbeit verrichten mit Lukas Pöstlberger, Gregor Mühlberger, Felix Großschartner (alle Bora – hansgrohe), Michael Gogl (NTT) und Marco Haller (Bahrain-McLaren).
„Es war eigentlich ein ganz typischer Ruhetag. Wir sind spät im Hotel nach der Pyrenäenetappe am Sonntag angekommen, dann früh aufgestanden, weil die Coronatests anstanden. Danach gab es Frühstück und wir sind gemütlich mit dem Rad gefahren und haben die Strecke für den Dienstag besichtigt. Danach haben wir wieder gegessen und uns ausgerastet, die Massage genossen und nach dem Abendessen gab es noch die Besprechung für die 10. Etappe“, beschrieb Großschartner den Verlauf eines Pausentages bei der Frankreich-Rundfahrt.
Das wichtigste ist Chillen und das Telefonieren mit Familie und Freundin“, grinste der Tourdebütant. Für seinen Teamkollegen Gregor Mühlberger stand am Ruhetag ein wichtiger Testlauf am Programm. Der in Salzburg lebende und aus Haidershofen stürzte bei der Dauphiné-Rundfahrt vor wenigen Wochen schwer und zog sich eine Fraktur am rechten Handgelenk zu. Deshalb absolvierte er die ersten neun Tage mit einer Spezialschiene. Diese legte er nun erstmals am Ruhetag ab. „Ich habe fast keine Schmerzen mehr und es ging ganz gut bei der ersten Ausfahrt. Lediglich wenn ich am Lenker ziehe, dann tut es noch weh“, so Mühlberger.
Als Zimmerpartner von seinem Kapitän Emanuel Buchmann hatte er keine leichte erste Tourwoche. Der Traum seines deutschen Teamkollegen auf ein Podium in Paris platzte in den Pyrenäen: „Wir wussten, dass es hart wird. Er ist am Mittwoch vor dem Start in Nizza noch gehumpelt. Da kannst du dann nur von Tag zu Tag schauen.“ Doch an beiden Pyrenäen-Etappen verlor Buchmann wertvolle Minuten auf die Topfavoriten. „Schade, mit seinen Werten vor dem Sturz, wäre er voll dabei gewesen“, so Mühlberger, der sich in den letzten Tagen leicht verkühlt hat.
Er hofft auf Besserung in den nächsten Tagen. „Deswegen bin ich am Ruhetag nur eine Stunde gefahren. Aber so ganz ohne Belastung mag ich es auch nicht“, erklärte der Niederösterreicher. Diese hielt auch Gogl am Montag gering: „Essen und Schlafen stand bei mir am Programm. Die erste Woche war extrem hart. Ich habe noch nie so viele Fahrer im Gruppetto gesehen.“ Schon am zweiten Tag zeigte sich der Wolfsegger in einer Spitzengruppe und auch am Windkantentag war er extrem aktiv, zog seinen Teamkollegen Edvald Boasson Hagen dann noch den Sprint an, der den Norweger zum zweiten Tagesrang führte.
„Da hatte ich einen extrem guten Tag. Dafür musste ich am Samstag dafür leiden, war richtig paniert“, erklärte der 26-Jährige, der zum dritten Mal bei der Tour dabei ist. Am Sonntag wollte er nochmals in die Gruppe des Tages gehen, aber nach einem Fight von zwei Stunden gelang es ihm nicht, rauszufahren. „Es war extrem. Egal wo du im Feld warst, war es hart. Die ersten zwei Rennstunden bin ich 350 Watt gefahren. Leider war ich eingangs des ersten Berges in einen Sturz verwickelt und Stand ewig am Straßenrand. Dann war an Ausreißen nicht mehr zu denken und ich habe unseren Sprinter Max Walscheid im Gruppetto geholfen“, erklärte der Oberösterreicher.
Mit Europameister Giacomo Nizzolo und Domenico Pozzovivo verlor das Team von Gogl zwei starke Fahrer in der ersten Woche: „Die Aufgabe von Giacomo ist ein herber Verlust. Er hatte die ganze Woche Probleme nach dem Sturz, aber erzielte tolle Ergebnisse dank einer unglaublichen Form.“ Die Mannschaft aus Südafrika, für die der Österreicher seit dem Winter fährt, ist 2020 auf Etappenjagd und nicht auf ein gutes Ergebnis im Klassement aus. Etwas das Gogl besser entgegenkommt als bei seinen ersten Tourauftritten 2017 und 2018 im Trikot von Trek-Segafredo mit den GC-Mitfavoriten Alberto Contador und Bauke Mollema.
„Für den GC-Fahrer musst du die Straße frei machen und alle Probleme aus dem Weg räumen. Da verbrauchst du die Energie und so gehen wir jetzt an ein paar Tagen All-In, legen die Karten auf den Tisch und jagen einen Etappensieg. Dafür hast du andere Tage, wo du dann zurücknehmen kannst. So ists auf jeden Fall mehr Action für uns“, grinste Gogl. Spezielle Freude hatte er schon in seiner ersten Tour-Flucht auf der zweiten Etappe, wo er gemeinsam mit Landsmann Pöstlberger unter den Ausreißern war: „Wir sind eigentlich radsporttechnisch miteinander aufgewachsen und von klein auf Rennen gegeneinander gefahren. Von dem her ists ein tolles Gefühl bei der Tour gemeinsam zu fahren und in einer Gruppe die den Tagessieg jagt, ist es nochmals spezieller.“
Zum fünften Mal in seiner Karriere steht der Kärntner Haller im Tourfeld. „Es war definitiv eine völlig andere erste Woche. Eine, die meinem Fahrertyp nicht wirklich entgegenkam“, erklärte der Bahrain-McLaren-Fahrer, der aber mit dem bisherigen Verlauf für seinen Kapitän Mikel Landa sehr zufrieden war. Der Spanier liegt auf dem 10. Platz der Gesamtwertung, 1:42 Minuten hinter dem Gelben Trikot. Doch auch das Team von Haller musste Rückschläge hinnehmen. Zimmerpartner Wout Poels erwischte es am ersten Tag mit einem schweren Sturz. Während der Niederländer das Rennen mit gebrochener Rippe fortsetzen konnte, musste der Spanier Rafael Valls die Tour mit einem Oberschenkelbruch auf der ersten Etappe vorzeitig beenden. „Es ist bitter, nicht nur weil uns Helfer fehlen, sondern auch weil du weißt, dass sie sich auch drei Monate voll darauf vorbereitet haben und dann ist nach dem ersten Tag alles beendet“, schilderte Haller.
Für den Kärntner kommen nun jene Tage, wo er besonders von seinem Kapitän gebraucht wird. Denn auf den Flachetappen hin zu den Alpen gilt es den Spanier aus allen Problemen und aus dem Wind zu halten. „Mikel darf keine Zeit verlieren, von dem her ist der Dienstag eine Schlüsseletappe“, blickte Haller voraus. Denn dort geht es den ganzen Tag entlang der windigen Atlantikküste. Freiheiten wie Gogl sie hat oder wie es auch die drei Bora-Jungs eventuell erwarten können, um eventuell auf einen Etappensieg zu gehen, hat Haller nicht: „Das erlaubt meine Teamrolle nicht.“