Radsport-Gipfel in NÖ und Wien: Comeback der Wiener Höhenstraße
Eine Premiere und ein bemerkenswertes Comeback sind am kommenden Wochenende angesagt, wenn die österreichische Radsportelite samt den WorldTour-Profis ihre Meister im Zeitfahren und im Straßenrennen ermittelt.
Es ist immer das einzige Wochenende im Jahr, wo die zahlreichen – und zuletzt höchst erfolgreichen – Auslandsprofis und die starken heimischen Continentalteam-Fahrer aufeinander treffen. Der Prestigekampf beginnt am Freitag, 29.6. beim Einzelzeitfahren in Stephanshart bei Amstetten und endet knapp 48 Stunden später am Sonntag, 1.7. beim schweren Straßenrennen auf der Wiener Höhenstraße. Beide Rennen zählen auch heuer zur ÖRV-Radbundesliga.
Tempobolzerei im Donautal
Das 28,5 km Zeitfahren im Bezirk Amstetten verspricht eine Tempobolzerei zu werden: auf gesperrter Strecke vom Ortszentrum Stephanshart (nahe Amstetten) geht’s weitgehend gerade und teilweise leicht bergab bis zur Wende in Wallsee an der Donau, danach folgt eine Bergauf-Bergab-Schleife über den Teufelsberg (80 m HD) und danach die letzten Kilometer wieder mit einem leichten Zielanstieg nach Stephanshart. Eine selektive, faire Strecke ohne versteckte Schwierigkeiten! Vielleicht wird es wieder zu einem Duell zwischen dem Weltklasse-Zeitfahrer und vierfachen Meister Matthias Brändle (Trek-Segafredo) und Titelverteidiger Georg Preidler (FdJ) kommen. Aus der heimischen Elite gilt auf dieser Strecke Bundesliga-Spitzenreiter Riccardo Zoidl (Felbermayr Wels) als stärkster Herausforderer der weiteren WorldTour-Profis Großschartner und Pöstlberger (beide BORA). Zoidl hat nämlich schon 2012 diesen Titel gewonnen. Auch Georg Preidler war auch schon einmal Staatsmeister, 2015, er versucht allerdings derzeit eine Nebenhöhlen-Entzündung zu überwinden.
Bei den Frauen ist die 36jährige Martina Ritter erneut als Favoritin anzusehen, die Mühlviertlerin hat in den letzten fünf Jahren stets den Titel geholt und 2017 sogar das Double (Zeitfahren und Straßenrennen) geschafft.
Ergebnis Zeitfahr-Staatsmeisterschaft 2017: Männer: Georg Preidler vor Matthias Brändle und Lukas Pöstlberger; Frauen: Martina Ritter vor Manuela Hartl und Astrid Magnet.
ÖSTM Einzelzeitfahren Stephanshart am Freitag, 29. Juni (28,5 km): Start Frauen und Elite ab 17 Uhr, letzter Fahrer im Ziel ca. 19.15 Uhr
Höhenstraßenrennen als „Nostalgie-Hit“
Ein ganz besonderer Leckerbissen wartet auf die Profis am Sonntag, den 1.Juli: nach rund dreißig Jahren wird in den Ausläufern des Wienerwaldes ein Rennen ähnlich des Höhenstraßenrennens wiederbelebt. In der Gegend nämlich, wo von 1964 bis 88 der „Große Straßenpreis von Wien“ ausgetragen wurde. Diesmal sind neun Runden zu je 20 km bergauf und bergab auf der berühmten Aussichtsstraße am Stadtrand von Wien zu bewältigen. (Die Frauen fahren fünf Runden). Auf jeder Runde warten dabei knapp neun Kilometer der alten denkmalgeschützten Granitpflasterstrecke! Vom großen Parkplatz am Kahlenberg geht’s vorbei am Kobenzl bergab Richtung Sieveringer Straße, weiter nach Weidling und ab Klosterneuburg führt dann wieder der 5 km lange Anstieg hinauf zum Kahlenberg, gewürzt mit bis zu 12 Steigungsprozenten. Nach 180 harten Kilometern haben die Rennfahrer dann auch 3.200 Höhenmeter in den Beinen! „Es wird ein Ausscheidungsrennen“, so ÖRV-Generalsekretär Rudolf Massak, der sich sehr für die Höhenstraße als Austragungsort eingesetzt hat. „Auch ein sehr guter Härtetest für unsere WM in Innsbruck, denn wer bei dieser Meisterschaft ganz vorne landet, hat einen der sechs WM-Startplätze so gut wie sicher.“ Der Favoritenkreis ist freilich groß; nahezu alle Auslandsprofis (ein knappes Dutzend) werden in Wien versammelt sein, verletzungsbedingt nach ihren schweren Stürzen fehlen jedenfalls Bernhard Eisel und Marco Haller. Kann Gregor Mühlberger als guter Kletterer seinen BORA-Vorjahrssieg bei der Meisterschaft wiederholen? Kann Vereinskollege Patrick Konrad nach seiner tollen Vorstellung beim Giro nochmals nachlegen? Ist der wieder genesene Rundfahrtsieger Stefan Denifl (Aqua Blue Sport) schon bereit für die ÖTour, oder kann Neoprofi Hermann Pernsteiner (Bahrein-Merida) als Spezialist für schwierige Strecken für eine Sensation sorgen? Teamchef Franz Hartl wird in Hinblick auf die WM auch auf die U 23-Fahrer ein besonderes Auge werfen, aufschlussreich könnte dabei der Auftritt von Felix Gall werden; der ehemalige Juniorenweltmeister fährt ja viel in Belgien und sollte mit Pave-Straßen vertraut sein. Er hat zuletzt die schwere fünf-Etappenfahrt Savoie-Mont Blanc auf dem vierten Platz beendet. – Sieger dieser Rundfahrt war Riccardo Zoidl; der sich in Hochform befindende Bundesliga-Spitzenreiter zählt damit ebenfalls zum Favoritenkreis. Kuriosum am Rande: Seit 1946 hat es kein Rennfahrer geschafft, öfter als zwei Mal den Straßentitel zu holen. Heuer hätte Zoidl (Champion 2013 und 14) jedenfalls die Chance dazu.
ÖSTM Straßenrennen Wien/Kahlenberg Sonntag, 1.Juli: Start Frauen (100 km): 9 Uhr, Elite (180 km) 11.40 Uhr, Zielankunft ca. 16 Uhr.
Ergebnis Straßenstaatsmeisterschaft 2017: Männer: Gregor Mühlberger vor Lukas Pöstlberger und Michael Gogl; Frauen: Martina Ritter vor Christiane Perchtold und Barbara Mayer.
Stand in der ÖRV-Bundesliga nach vier von zehn Rennen: 1. Riccardo Zoidl 613 Punkte, 2. Helmut Trettwer, 532, 3. Lukas Schlemmer 530, 4. Stephan Rabitsch, 493, 5. Dominik Hrinkow (Hrinkow Advarics) 360.