Thomas Rohreggers Ö-Tour-Favoriten
Thomas Rohregger, ORF-Radexperte und Rundfahrtssieger von 2008, analysiert das Starterfeld der 69. Österreich Rundfahrt. Wer sind seine Favoriten? Und wie steht es um die Chancen der Österreicher?
Fakt ist, die Tour 2017 mit zehn Giro d’Italia-, zwei Tour de France-, zwei Vuelta- sowie sechs Ö-Tour-Etappensiegern, zudem zwei Weltmeistern und einem Olympiasieger, ist eine der bestbesetzten in der Neuzeit des Radsports:
***** Sterne: Rein Taramäe, Katusha Alpecin
Wer Gesamtelfter bei der Tour de France (2011) wurde, Etappen beim Giro d’Italia und der Vuelta gewann, zudem vier Rundfahrtssiege verbuchen konnte, zählt zu den Top-Favoriten. Für mich war aber zuletzt beeindruckend, wie der Este auf der schweren Tour de Suisse-Etappe auf den Tiefenbachferner die Konkurrenz zertrümmert und so den Gesamtsieg für seinen Teamkollegen Simon Spilak geebnet hat. Und auf dem Gletscher wurde er auch noch Tagessiebenter! Das war eine unglaubliche Leistung.
***** Sterne: Ilnur Zakarin, Katusha Alpecin
Der Fünfte des heurigen Giro d’Italia hatte nach der dreiwöchigen Italienrundfahrt eine Pause. Er soll sich für die Vuelta vorbereiten und ist für mich die große Unbekannte. Laut Papierform ist er der absolute Top-Star und hat auch bei Grand Tours das Zeug für ein Podium. Ich glaube, Ilnur wird sich während der Österreich Rundfahrt entscheiden, ob er Vollgas gibt.
***** Sterne: Miguel Ángel López, Astana Pro Team
Er ist eines der größten Talente im Radsport. Im Vorjahr hat er mit 22 Jahren die Tour de Suisse gewonnen. Leider ist er bei der diesjährigen Schweiz-Rundfahrt schwer gestürzt und hat sich einen Finger gebrochen. Wie Zakarin ist er eine große Unbekannte, aber er muss in diesem Jahr was zeigen! Und ich bin mir sicher, dass dem Leichtgewicht das Kitzbüheler Horn extrem liegt!
**** Sterne: Riccardo Zoidl, Team Felbermayr Simplon Wels
Ricci hat die Rundfahrt schon einmal gewonnen und befindet sich in absoluter Top-Form. Das hat er auch letzte Woche bei den Staatsmeisterschaften gezeigt, wo er beim Straßenrennen und Zeitfahren jeweils Vierter wurde. Er hat sich fokussiert auf die Tour vorbereitet und hat auch das beste heimische Team, mit Markus Eibegger und Stephan Rabitsch, an seiner Seite.
**** Sterne: Igor Anton, Dimension Data
Vier Etappensiege bei der Vuelta, zwei bei der schweren Tour de Romandie, je einen beim Giro d’Italia und bei der Tour de Suisse, die er 2008 auch als Dritter beendete. Die Vuelta beendete er zwei Mal unter den Top-Ten und zuletzt ist er auch noch einen starken Giro gefahren. Diesen Bergfahrer muss man auf der Rechnung haben. Und er hat auch ein starkes Team dabei, der Südafrikaner Ryan Ribbons und der Australier Ben O’Connor könnten selbst auch aufs Podium fahren.
*** Alexander Foliforov, Gazprom-RusVelo
Im Vorjahr hat Alexander das Bergzeitfahren beim Giro d’Italia auf die Seiser Alm gewonnen und auf der extrem schweren 20. Giro-Bergetappe 2016 wurde er vor Nibali ETappenfünfter - übrigens, den Sieg holte sich da Rein Taaramäe. 2015 hat er den GP Sotchi dominiert. Mit dabei hat er auch starke Rundfahrer, wie den Ö-Tour-Gesamtfünften von 2010 Artem Ovechkin und vor allem Sergey Firsanov. Der hat im Vorjahr die schwere Coppi e Bartali gewonnen. Mit diesen starken Russen und auch Zakarin könnte sich die Rundfahrt zu einem russischen Roulette entwickeln!
*** Patrick Schelling, Team Vorarlberg
Der Schweizer Patrick Schelling absolvierte im Vorjahr mit Rang drei eine tolle Ö-Tour! Der 27-Jährige in Diensten des Teams Vorarlberg ist auch heuer für eine Top-Fünf-Platzierung gut!
** Brendan Canty und Tom-Jelte Slagter, Cannondale Drapac
Im Vorjahr hat Brendan die Rundfahrtsetappe am Sonntagberg gewonnen und wurde Achter der Österreich Rundfahrt. Auch sein holländischer Teamkollege Tom-Jelte Slagter, zweifacher Etappensieger von Paris-Nizza und Sechster von Lüttich-Bastogne-Lüttich 2014, ist jederzeit für eine Überraschung gut.
* Pieter Weening, Roompot - Nederlandse Loterij
Mit seinen 36 Jahren ist Pieter schon etwas in die Jahre gekommen. Nach Gesamtsiegen bei der Polen- und Norwegen-Rundfahrt 2013 und 2016 und natürlich nach seinem Tour de France-Etappensieg 2005 ist er für mich ein Außenseiter mit guten Chancen.
* Yoann Bagot, Cofidis, Solutions Crédits
2014 belegte Yoann Bagot auf der Glockneretappe nach Sankt Johann-Alpendorf hinter Jesse Sergent den zweiten Platz. Im Jahr zuvor wurde er Zweiter bei der Türkei-Rundfahrt. Ein starker Bergfahrer!
Die Österreicher:
Stefan Denifl, Aqua Blue Sport:
Stefan hat bei den Staatsmeisterschaften letzte Woche eine super Leistung gezeigt. Ihm fehlen sicher noch Rennkilometer, da er davor vier Wochen kein Rennen bestritt. Aber er hat gezeigt, dass er aufstrebende Form hat. Vielleicht ist es sogar gut, er kommt frisch zur Rundfahrt. Und auf den ersten Etappen könnte er seinen Tritt finden. Für mich ist er hoch einzuschätzen!
Felix Großschartner, CCC Sprandi Polkowice
Er selbst hadert derzeit etwas mit seiner Form. Der Oberösterreicher hat den Giro und die Tour de Suisse, die er wegen Magenproblemen vorzeitig beenden musste, in den Beinen. Ich hoffe die Startnummer 1 bringt ihm Motivation und ein starkes Team hat er an seiner Seite!
Hermann Pernsteiner, Amplatz-BMC
Er war mit dem sechsten Platz im Vorjahr die große Überraschung der Tour. Seither bestritt der Mountainbiker viele Straßenrennen und er hat sich technisch und taktisch stark verbessert. Hermann muss drauf achten, dass er auf den ersten Flachetappen keine Zeit verliert. Er brachte heuer schon tolle Ergebnisse, mit dem zweiten Gesamtplatz bei der Aserbaidschan-Rundfahrt und Rang sechs bei der stark besetzten Slowenien-Rundfahrt.
Daniel Geismayr, Team Vorarlberg
Daniel habe ich voll auf meiner Rechnung! Er fährt seine erste Rundfahrt und man muss ihm Zeit geben. Zuletzt holte er bei Alban Lakatas drittem WM-Sieg bei der MTB-Marathon-WM Bronze! Heuer überzeugte er beim Straßenrennen Le Tour de Savoie Mont Blanc, wo er vor Stephan Rabitsch Siebenter wurde. Gerade das Kitzbüheler Horn liegt den Mountainbikern gut, wie schon Tour de France-Sieger Cadel Evans demonstriert hat.
Benjamin Brkic, Tirol Cycling Team
Auch Benjamin fährt seine erste Tour. Bei der diesjährigen OÖ-Rundfahrt überzeugte er mit dem fünften Gesamtplatz. Aber mit seinen 20 Jahren muss er behutsam aufgebaut werden.