Wiesbauer Radsport-Gourmet - ÖSTM-Wochenende Salzburg
Der frühere Radrennfahrer Heinz Hechenberger war gern gesehener Ehrengast bei den Staatsmeisterschaften in seiner Heimat. Als Neumarkter ein echter Lokalmatador, durfte er mit sichtlichem Vergnügen seinen Nachfolgern am Siegesstockerl gratulieren.
Als Rennfahrer des legendären Klubs ARBÖ Salzburg (Herbert Spindler, Peter Muckenhuber, Franz Reindl u.v.a) war Hechenberger selbst 1990 Staatsmeister auf der Straße gewesen. Heute betreibt der 53jährige Salzburger eine Agentur für Rad-Touristik-Reisen.
Ein seltenes Stelldichein von Alt und Jung ergab sich bei der Startaufstellung zur Straßenmeisterschaft. Schulter an Schulter präsentierten sich der 46jährige Bundesliga-Oldboy Wolfgang Tenor (Denzel-Cliff) und der absolute Junior, der 18jährige Niederösterreicher Julian Gruber (Amplatz-BMC), der gerade seine Matura im BORG Scheibbs erfolgreich abgelegt hatte. Berufssoldat Wolfgang Tenor hat 1989 an seiner ersten Staatsmeisterschaft teilgenommen, acht Jahre vor der Geburt des Julian Gruber!
Radrennen im Flachgau haben ja erfreulicher Weise eine lange Tradition, ebenso lange bestehen freilich auch die problematischen Begleitumstände bezüglich des Straßenverkehrs entlang der stark befahrenen Bundesstraße 1. Die hervorragend agierenden Polizeikräfte vor Ort unter der Führung von Oberstleutnant Günter Reiner sowie Chefinspektor Josef Krall (die samt ihrem Team schon am Vortag beim „Weltuntergang“ in Neumarkt Schwerstarbeit geleistet hatten) waren hier im Verein mit vielen Hilfskräften und Funktionären doch sehr gefordert, um den Athleten und Athletinnen möglichst alle Gefahren aus dem Weg zu räumen. Unisono war man der Meinung, dass in Hinkunft die gut ausgebaute Straßwalchener Umfahrungsstraße verstärkt in Verkehrskonzepte einzubauen ist.
Apropos „Weltuntergang Neumarkt“: Die Begleitumstände der Zeitfahr-Meisterschaft werden im heimischen Rennsport wohl noch längere Zeit für (berechtigte) hitzige Diskussionen sorgen. Der schwere Gewittersturm, der gegen Ende des Bewerbes Rennfahrer und Funktionäre ins hilflose Chaos stürzen ließ, muss Anlass für allfällige Rechtfertigungen und in jedem Fall zumindest klare Überlegungen geben. Hätte das Rennen abgebrochen werden müssen, wie von Fahrern in erster Emotion vielfach gefordert? Betrachtet man zunächst rein die äußeren Verhältnisse (Sturmwind, Regen, Wasser, Äste auf der Straße usw.), ist dieses Argument zielführend. In der Praxis war jedoch eine Notbremse nicht mehr umsetzbar: die betroffenen etwa zehn Rennfahrer waren im Gewittersturm nämlich immer noch schneller unterwegs(!) als die begleitenden Motorrad-Kommissare oder Betreuerautos. Eine Information der Fahrer wäre also schlicht unmöglich gewesen. Eine nachträgliche Annullierung angesichts der Strapazen und Anstrengungen, die alle Fahrer bis dahin auf sich genommen hatten? Oder eine kurzfristige Vorverlegung des Rennens angesichts der Wetterwarnung? Einmal abgesehen von den behördlichen zeitlich engen Auflagen: Jeder Spitzenfahrer bereitet sich minuziös auf den Moment X vor, hat vielleicht ein flexibles Zeitfenster von zehn, fünfzehn Minuten – mehr nicht. Wie nun ein Feld von sechzig Teilnehmern kurzfristig über eine großräumige zeitliche Verschiebung des Rennens informieren? Es stimmt schon, wie man es dreht und wendet, ein bitterer Nachgeschmack für manche Rennfahrer bleibt. Es mag ein schwacher Trost sein, dass der Radrennsport seit über hundert Jahren im Freien ausgeübt wird, seine Protagonisten eben manchmal bereit sind (sein müssen), weit über die Ansprüche eines Normalverbrauchers hinaus zu agieren. In diesem Sinne: tiefe Hochachtung für all jene, die sich in Neumarkt dieser Meisterschaft gestellt haben!
Der Vorarlberger Matthias Brändle darf sich als erst dritter Radrennfahrer mit dem "Doppeladler" schmücken: In der Geschichte des heimischen Straßensports haben erst Hans Lienhart 1981 und Georg Totschnig 1997 das begehrte Double (Titel auf der Straße und im Zeitfahren) geschafft. Damit darf der 26jährige IAM-Profi ein Jahr lang theoretisch zwei Trikots mit dem rotweißroten Adler tragen, dem "Doppeladler" eben, der diesmal allerdings nichts mit dem Haus Habsburg zu tun hat.