Wiesbauer Radsport-Gourmet - Saisonfinale Judendorf/Straßengel
Nach der Zielankunft in Judendorf war der große Triumphator minutenlang nicht ansprechbar, so sehr hatte sich Riccardo Zoidl im Finish des Rennes ausgegeben. „Ich glaube, ich habe zu früh attackiert, zum Glück haben meine Mitstreiter ebenfalls kräftemäßige Probleme gehabt,“, so Zoidl, der letztlich immer noch mit eineinhalb Minuten Vorsprung, „aber auf dem letzten Zacken“ seinen zweiten Tagessieg in Judendorf nach 2013 feiern konnte. Keine 24 Stunden zuvor hatte der Oberösterreicher noch ein schweres 47 km-Zeitfahren rund um dem Attersee mit einem fast 50er Schnitt überlegen gewonnen.
Abseits der „Radrennen der fallenden Blätter“ wird hinter den Kulissen bereits eifrig an den Zusammenstellungen der Mannschaften für 2017 gebastelt. Erich Amplatz, Chef der frischgebackenen zweifachen Bundesliga-Equipe, ließ sich diesbezüglich nach der intensiven Feier vorerst nur wenig in die Karten schauen. „Unsere Mannschaft wird sich verändern, es werden neue, starke Fahrer kommen,“ sprach er ins ORF-Mikrofon. Immerhin: fix ist der Abgang von Jan Tratnik, der in den letzten drei Jahren eine der Leitfiguren der Langenloiser Mannschaft war; der Slowene wird beim polnischen Team CCC in der World Tour fahren und Maximilian Kuen kehrt zurück in seine tiroler Heimat. Einen prominenten Neuzugang hat Erich Amplatz dem Vernehmen nach bereits an der Angel: Matej Mugerli, renommierter slowenischer Radprofi, könnte für die heimische Liga sicher eine Bereicherung sein. Der 35jährige Mugerli war 2015 Teamkollege von Markus Eibegger bei Synergy Baku und hat in seiner langen Karriere Tour de France, Vuelta und Tour de Suisse bestritten. Sein Landsmann Andi Bajc hat als zweifacher Bundesliga-Sieger seinen Vertrag bei Amplatz bereits verlängert.
Nach elf Saisonen Rad-Bundesliga und insgesamt 102 Rennen in diesem Zeitraum haben heuer die „Dauerbrenner“ nochmals zugeschlagen: Markus Eibegger führt nach seinem 10.Tagessieg in Schwaz die ewige Erfolgsliste der Bundesliga weiter an, gefolgt von Riccardo Zoidl, der mit dem Triumph in Judendorf seinen insgesamt neunten Erfolg bei einem Bundesliga-Rennen feiern konnte. Stephan Rabitsch (Felbermayr Simplon) konnte sein Erfolgskonto mit dem Sieg beim Saisonauftakt in Leonding auf vier Tagessiege aufstocken – gleich viele wie Matthias Brändle (IAM), der als Weltklasse-Zeitfahrer die Staatsmeisterschaft in Neumarkt für sich entscheiden konnte, die auch für die Wiesbauer-Bundesliga gewertet wurde.
Das intern oft angesprochene Bauchweh angesichts des neuen Termins des Raiffeisen-Grand Prix in Judendorf hatte bald einer allgemeinem Entspannung Platz gemacht. Das perfekte Spätsommerwetter, die starke Besetzung, ein attraktiver Sieger hatten zum rundum gelungenen Finale der Wiesbauer- Bundesliga beigetragen. Der neue OK-Chef Roland Eberl hat (als ehemaliger Rennfahrer) seine Feuertaufe als Nachfolger von Richard Stering wirklich überzeugend geschafft und mit seinem jungen, besonnenen Team eine solide Basis für den weiteren Bestand dieses Rennens gelegt.
Nicht ganz überraschend hat sich Gernot Schaar, Chef der Österreichrundfahrt, an diesem Wochenende in Judendorf aufgehalten. Der gebürtige Grazer, der aus einer renommierten Anwaltsfamilie stammt, hat sich dabei auch lange mit LRV-Präsident Eduard Hamedl, seit vielen Jahren selbst begeisterter Hobbyradler, unterhalten und das wohl nicht nur über das prachtvolle Ambiente an diesem spätsommerlichen Wochenende in Judendorf. Gehts nach den Judendorfer Organisatoren, soll 2017 das Rennen wieder mit einem UCI-Status durchgeführt werden und 2018, im Jahr der Rad-WM in Tirol, sogar als eine Art Prolog knapp vor der Titelvergabe als Kategorie UCI 1.1.-Rennen. Laut nachgedacht wird dabei auch über eine Neugestaltung der Strecke mit zwei bis drei größeren Runden und dann mit dem Finale über den klassischen Luttengraben, dessen 14%iger Anstieg sich auch heuer als sportlicher Scharfrichter erwiesen hat.