Kette rechts - RBLs # 7 & 8 - Grünau/Grein
„In Eigenregie“ hatte Lokalmatador Lukas Pöstlberger das Unternehmen Zeitfahren in Angriff genommen. Vom Bora-Team gabs lediglich das Auto, die gesamte restliche Infrastruktur wie Betreuer, Quartier usw. hatte er sich für Grünau selbst zu organisieren.
Pöstlberger zeigte sich beim Zeitfahren in Grünau auch in anderer Hinsicht sattelfest: Bei der Siegerehrung zu seinem Landesmeistertitel wurde die oberösterreichische Hymne gespielt; als Einziger auf dem Podium erwies sich dabei Pöstlberger als absolut textsicher, auch noch bei der dritten Strophe. Gold also auch in der Kehle, nicht nur um den Hals hängend!
Glück im Unglück hatte der Felbermayer-Junior Tobias Bayer beim Zeitfahren. Er kam in der Zielkurve auf der nassen Fahrbahn zu Sturz und lief mit dem Rad in der Hand die restlichen fünfzig Meter ins Ziel, die Kette hatte sich verklemmt. Doch der HTL-Schüler aus dem Attergau rettete noch mit zwei Sekunden Vorsprung den ersten Platz!
Eine symbolische Goldmedaille gebührt dem Brückenbauamt des Bezirkes Gmunden. Noch am Vortag des Zeitfahrens präsentierte sich auf halber Strecke zum Almsee eine Brücke als Baustelle ohne Straßenbelag, doch wurde wegen des Rennens die Asphaltierung vorgezogen. Erst wenige Stunden(!) vor dem Rennen, am Freitagmittag, konnten die Baumaschinen abgezogen werden. Was wäre wohl gewesen, wenns zu diesem Zeitpunkt schon geregnet hätte und nicht erst wie tatsächlich passiert ein paar Stunden später?
Für das kommende (vorletzte) Saisonrennen der ÖRV-Bundesliga in Judendorf hat OK-Chef Roland Eberl in Grein schon einige Details verraten. So wird es am 10. September nicht nur wieder den UCI 1.2 –Status geben, es wird auch die Strecke leicht verändert. Die Runde wird um etwa zwei Kilometer verlängert, der gefürchtete Luttengraben bleibt aber erhalten „und insgesamt soll es noch etwas selektiver werden“, so Eberl, früher selbst ein erfolgreicher Rennfahrer im Grazer desserta-Rennstall.
Recht entspannt kam Österreichs jüngster Auslandsprofi Felix Gall nach Grein. Zwei Tage vor der Meisterschaft hatte der Osttiroler die mündliche HAK-Matura in Lienz erfolgreich abgeschlossen. „Jetzt kann ich mich in der zweiten Saisonhälfte endlich voll aufs Radfahren konzentrieren“, so der 19jährige Rennfahrer des Sunweb-Development-Teams, dem er auch im nächsten Jahr noch die Treue halten wird.
Die Stadt Grein, erstmals Schauplatz von Rad-Straßenmeisterschaften, präsentierte sich wie erhofft als attraktiver Gastgeber des Rennens. Viele Zuschauer in der Stadt und auch auf der Strecke, Start und Ziel auf dem historischen Hauptplatz, direkt vor dem bekannten Stadttheater, das als Kuriosität weithin Berühmtheit erlangt hat: Im Alten Rathaus, einem pittoresk verwinkelten Renaissance-Gebäude, finden dabei gerade 120 Besucher auf allerengstem Raum Platz. Das Theater wird schon seit Jahrhunderten bespielt – in unseren Tagen gibt’s meist leichte Unterhaltungskost während der Sommermonate.
Die Eigenschaft, Multitasking zu sein, wird ja eher meist Frauen zugeschrieben; zu Recht im konkreten Fall des Siegertreppchens bei der Straßenmeisterschaft: Staatsmeisterin Martina Ritter ist im Zivilberuf Geschäftsführerin der Sportunion Oberösterreich, Vizemeisterin Christina Perchtold versieht ihren täglichen Dienst als Polizistin in Völkermarkt, und die Drittplatzierte Barbara Mayer arbeitet als zweifache Mutter im Krankenhaus Linz als Intensiv-Krankenschwester. Merke: rennradelnde Frauen SIND vielseitig!
Gewissermaßen am Rande der Staatsmeisterschaft ist auch die Entscheidung um den Sieg in der ÖRV-Rad-Bundesliga gefallen. Kurioser Weise in Abwesenheit der beiden Konkurrenten: aufgrund der Streichpunkteregel hat Matej Mugerli (Amplatz-BMC) vor dem letzten Einzelrennen in Judendorf jetzt 263 Punkte Vorsprung auf Helmut Trettwer (WSA), das ist in einem Rennen nicht mehr aufzuholen. Die beiden Kontrahenten waren wie viele andere Bundesliga-Legionäre bei ihren nationalen Meisterschaften im Einsatz. Die Streichresultate wurden eingeführt, um wegen dieses Umstandes (der Auslandsstarts) eine größere Chancengleichheit für alle Fahrer zu gewährleisten.
Oberösterreich als Veranstalterland dieses Meisterschaftswochenendes darf nicht nur organisatorisch, sondern auch sportlich positiv Bilanz ziehen: In den vier Staatsmeisterschaftsbewerben gabs insgesamt sechs Medaillen: Zweimal Gold durch Martina Ritter sowie Silber und Bronze durch Lukas Pöstlberger und jeweils nochmals Bronze für Michael Gogl und Barbara Mayer. Und Gogl fährt heuer als erster Oberösterreicher überhaupt die Tour de France……